Merle und Tonka

Das sind sie: Merle und Tonka, meine beiden Siamkater vom Verein "Katzen in Not". Im April 2004 war es soweit: Ich wollte wieder eine Katze im Haus haben und wandte mich an den Verein. Von Anfang an war mir klar: Ich möchte lieber erwachsene Katzen haben, keine Jungtiere. Ausgereifte Persönlichkeiten eben, keine Überraschungspakete. Denn bei einer kleinen Katze weiß man ja nie, wie die so wird...

Ich rief also beim Verein an und fragte nach erwachsenen, verschmusten Tieren. Die Pflegestellen kennen die Tiere sehr gut und so wurde mir Merle mit den Worten vorgestellt: "Der ist so verschmust, den können sie umstülpen!" Merle war von den ehemaligen Besitzern zusammen mit seinem Kumpel Tonka abgegeben worden - Unsauberkeit nach Kinderzuwachs im Haus (dazu später). Schon beim ersten Besuch auf der Pflegestelle war mir klar: Jo Jungs, wir passen zusammen. Und so zogen die beiden bei mir ein.

Was ich eigentlich haben wollte, waren Katzen. Eingezogen sind aber beste Freunde, Seelentröster, Schmusebacken, Spielgefährten, Hasenbären, Scherzkekse, Zuhörer, aufmerksame, rücksichtsvolle, sensible und routinierte Leute, die jeden um die Pfote wickeln.

Schon am Abend des Einzugstags zeigte sich, was eine ausgereifte Katzenpersönlichkeit ist: Merle kroch zum Schlafen zu mir unter meine Bettdecke - und das tut er bis heute jeden Abend. Warum? Das gehört sich eben so. Als Siamkater hat man so seine Schlafgewohnheiten (man friert ja auch schnell...), und wir sind nun mal ein Rudel, und ein Rudel schläft zusammen. Ist doch klar, oder?

Auch morgens kümmert sich Merle rührend darum, dass ich pünktlich für das Katzenfrühstück aufstehe. Ab sechs Uhr trägt er "Die Ode an den Kater Schnurr" vor. Aus Menschensicht etwas eintönig und ohne Spannung - aus Katersicht eine der bewegensten Werke der Weltliteratur. Wichtig ist, dass diese Ode direkt in das Ohr des schlafenden Katzenbesitzers geschnurrt wird. Kitzeln mit den Schnurrhaaren ist dabei nicht nur erlaubt, sondern vom vortragenden Kater durchaus gewünscht. Es steigert die Aufmerksamkeit! Wenn ich nach der 56. Strophe nicht aufstehe, macht er einen Vital-Check. Er tastet mit der Pfote an meiner Nase. (Ich hätte ja sterben können in der Nacht.) Oder er wirft sein Köpfchen gegen mich. Der neueste Trick: Er klettert auf das etwas erhöhte Kopfende des Bettes und springt dann auf mich. Fazit: Frühstück garantiert zur Katerzeit.

Tonki, der gute, wartet immer brav vor dem Bett. Er legt sich zum Einschlafen zwar oft neben mein Kopfkissen, aber dann geht er. Er schläft lieber alleine im Wohnzimmer oder in seinem Katzenbett, das neben unserem Bett steht. Was das Schlafen angeht, hat Tonki-Mausi lieber seine eigene Zone. Anders beim Frühstücken: Wenn wir uns zum Frühstücken hinsetzen, ist Tonka immer dabei (siehe Foto). Er findet Frühstück super. Obwohl er eigentlich nichts vom Tisch bekommt. Aber er versucht es doch immer wieder. Vielleicht findet er es auch einfach nur spannend.

Überhaupt ist Tonka tagsüber eigentlich der Kater, der einem auf Schritt und Tritt folgt. Wenn ich mittags von der Arbeit komme, steht er immer an der Tür und ist das "Kleine Begrüßungskomite". Er ist immer freundlich, maunzt und fragt, wie es war und ob ich Mäuse gefangen habe und ob er eine habe kann. Ich glaube, er denkt, dass ich die blödeste Katzenbesitzerin bin, die es gibt: Den ganzen Vormittag weg und kommt ohne Maus nach Hause! Sehr dumm, diese Zweibeiner. Er aber - er ist DER Mäusejäger und versucht immer, MIR beizubringen, wie das geht: Er hat eine Fellmaus (natürlich mehrere - aber eine ist immer im Einsatz) und mit der spielt er und apportiert sie immer. Wir haben wirklich schon Tränen gelacht über ihn. Er bringt die Maus mit diesem "Ich hatte Erfolg bei der Jagd!"-Mauen, zeigt uns dann, wie man eine Fellmaus tötet und legt uns seine Beute vor die Füße. Dann geht er wieder auf Startposition, duckt sich, Pfoten vorne unten, Po hoch und wenn die Maus dann geworfen wird, ist er pfeilschnell hinterher, erlegt die Beute, apportiert, maut wieder stolz, zeigt uns dann, wie man die Beute erlegt und so weiter... Also eigentlich findet er, dass ich jetzt auch mal erfolgreich bei der Jagd sein sollte. Aber er ist da sehr geduldig. Wie gesagt - ich habe selten jemanden erlebt, der so aufgeschlossen, freundlich, wach und aufmerksam ist wie er. Wenn ich mit ihm rede, schaut er mich mit seinen riesen Augen an und maunzt. So als würde er wirklich verstehen.

Dafür ist natürlich wichtig, immer dabei zu sein. Arbeiten am Schreibtisch ohne Kater geht gar nicht. (Hier ist Tonka leider kurz eingeschlafen - es war zu langweilig). Einen Schrank aufmachen, ohne dass einer der beiden wenigstens mal kurz einen Blick hinein wirft, geht auch nicht. Wenn der Sinn eines Kastens oder Kartons nicht ganz klar ist, ist es im Zweifelsfall übrigens immer etwas, worin man eventuell schlafen kann. Und das wird getestet. Hier die Ergebnisse: In der Weihnachtskrippe kann man schlafen, wenn man die Figuren dezent verrutscht. Das nimmt einem das Christkind übrigens auch nicht übel: Es bringt trotzdem etwas, wie Merle hier gerade feststellt. Im Puzzelkarton könnte man schlafen, wenn man ein Kissen dazu bekommen würde. Merkwürdig - findet Tonka - wer kauft einen Karton ohne Kissen?

Aber am allerbesten ist es natürlich, wenn man seinen Pelz genüsslich in die Sonne strecken kann. Die Kater zeigen eben auf ihre Art, was wirklich wichtig ist im Leben - dass es einem gut geht. Und das ist manchmal so einfach! Und wenn man dann noch immer schmusen kann ... ist das Katerleben perfekt.

Was die Auskunft der Pflegestelle betrifft, so war diese halbrichtig. Ja, Merle ist verschmust. Aber noch viel, viel verschmuster, als versprochen. Ja, auch Tonka schmust gerne. Aber noch viel, viel mehr als gesagt. Fernsehen ohne mindestens einen Kater auf dem Schoß geht gar nicht. Schmusealarm mindestens dreimal am Tag! Manchmal tippt mich Tonka mit der Pfote an, manchmal wirft er seinen Kopf gegen mich, Merle wirft sich auf den Rücken oder springt einfach so auf meinen Schoß. Alles heißt: Schmusen jetzt!

Nun, nach all dem Lob, aber zu drei Dingen, die meine Kater nicht können. Das sind: Fauchen, kratzen, unsauber sein. Noch nicht einmal beim Tierarzt haben die beiden gefaucht oder gekratzt. Ich glaube wirklich, sie können es nicht. Und zu der Behauptung der Vorbesitzer, die Kater seien unsauber gewesen: Ich kann es mir nicht vorstellen. Selbst als wir umgezogen sind, waren die beiden nicht unsauber. Keine Frage! Man muss doch auch sehr bitten. Als kultivierte Siamkater würden beide nicht auf die Idee kommen, etwas anderes zu benutzen als ihr Klo. Man ist ja kein Barbar! Und für alle, die sich überlegen, ob sie ein oder zwei Katzen nehmen sollen: Merle und Tonka spielen zusammen fangen und verstecken (Merles Lieblingsversteck ist die Badewanne), sie schmusen zusammen, sie schlafen zusammen, sie putzen sich gegenseitig. Und sie sind nie alleine.

Mein Fazit nach den Jahren mit den beiden Hasenbären:

Ein Glück, dass ich sie habe!

Die letzten Rätsel der beiden werde ich aber wohl nie lösen. Zum Beispiel: Wie schafft man es eigentlich als Kater, immer so gut auszusehen, selbst wenn man gerade wach geworden ist? Warum sind die knubbeligen Katerpfoten so weich? Wie bekommt man eigentlich so süße Ohren? Und letztlich: Kann man eigentlich noch niedlicher sein?

(Vermittelt am 17.04.2004)

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